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Angelus: Die Katechese im Wortlaut

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Heute begehen wir das Fest der Heiligen Familie von Nazareth. Gott hat eine bescheidene und einfache Familie gewählt, um in unsere Mitte zu kommen. Halten wir inne und betrachten wir mit Staunen die Schönheit dieses Geheimnisses, wobei wir zwei konkrete Aspekte hervorheben wollen, die unsere Familien betreffen.

Erstens: Die Familie ist die Geschichte, aus der wir kommen. Das Evangelium der heutigen Liturgie erinnert uns daran, dass auch Jesus Sohn einer Familiengeschichte ist. Wir sehen, wie er mit Maria und Josef zum Paschafest nach Jerusalem geht; wie sich seine Mutter und sein Vater Sorgen machen, als sie ihn nicht mehr finden können; und wie er – als sie ihn wiedergefunden haben – mit ihnen nach Hause zurückkehrt (vgl. Lk 2,41-52). Es ist schön zu sehen, wie Jesus vom Netz familiärer Bande der Zuneigung getragen wird; wie er in einer Familie aufwächst, die ihm Geborgenheit schenkt und sich um ihn sorgt. Und das ist auch für uns wichtig: Wir stammen aus einer Geschichte, die von Banden der Zuneigung durchwoben ist – und die Person, die wir heute sind, haben wir nicht so sehr den materiellen Gütern zu verdanken, in deren Genuss wir gekommen sind, sondern der Liebe, die wir erhalten haben. Wir sind vielleicht nicht in eine außergewöhnliche, problemlose Familie hineingeboren worden, aber es ist unsere Geschichte, es sind unsere Wurzeln: Wenn wir sie abschneiden, trocknet das Leben aus! Gott hat uns nicht geschaffen, damit wir allein durchs Leben gehen, sondern um gemeinsam zu gehen. Wir wollen ihm danken und für unsere Familien beten. Gott denkt an uns und er will, dass wir Gemeinschaft erfahren: dankbar, vereint, fähig, unsere Wurzeln zu bewahren.

Kommen wir zum zweiten Aspekt: eine Familie zu sein ist etwas, das man jeden Tag lernt. Im Evangelium sehen wir, dass auch in der Heiligen Familie nicht immer alles reibungslos verläuft: Es gibt unerwartete Probleme, Ängste, Leid. Es gibt keine „Bilderbuch“-Heilige Familie. Maria und Josef verlieren Jesus und suchen ängstlich nach ihm, bis sie ihn nach drei Tagen wiederfinden. Und als er im Tempel mitten unter den Lehrern sitzt und ihnen antwortet, er müsse sich um die Angelegenheiten seines Vaters kümmern, verstehen sie das nicht. Sie brauchen Zeit, um ihren Sohn kennen zu lernen. Und das gilt auch für uns: Jeden Tag müssen wir in der Familie lernen, einander zuzuhören und einander zu verstehen, miteinander zu gehen, Konflikte und Schwierigkeiten zu bewältigen. Das ist die tägliche Herausforderung: eine Herausforderung, die man mit der richtigen Einstellung bewältigen kann, mit kleinen Aufmerksamkeiten, einfachen Gesten, mit der Pflege der Details in unseren Beziehungen.

Wie aber macht man das? Schauen wir uns Maria an, die im Tagesevangelium zu Jesus sagt: „Dein Vater und ich haben dich gesucht“ (V. 48). Dein Vater und ich, nicht ich und dein Vater: Vor dem „Ich“ kommt das „Du“! Um die Harmonie in der Familie zu bewahren, müssen wir die Diktatur des „Ichs“ bekämpfen. Es ist gefährlich, wenn wir uns gegenseitig die Schuld für unsere Fehler geben, statt einander zuzuhören; wenn wir uns auf unsere eigenen Bedürfnisse konzentrieren, anstatt uns um andere zu kümmern; wenn wir uns mit unseren Handys abkapseln, anstatt miteinander zu reden; wenn wir uns gegenseitig beschuldigen, indem wir immer dieselben Phrasen wiederholen – wie bei einer dieser Komödien, in denen jeder Recht haben will und am Ende kaltes Schweigen herrscht. Hier nochmal ein Rat, den ich bereits gegeben habe: schließt am Abend immer Frieden! Geht nie schlafen, ohne Frieden geschlossen zu haben, sonst gibt es am nächsten Tag einen „Kalten Krieg“! Wie oft kommt es zu Konflikten in den eigenen vier Wänden, die durch zu langes Schweigen und Egoismus ausgelöst werden! Ja, manchmal kommt es sogar zu physischer und moralischer Gewalt. Das zerreißt die Harmonie und tötet die Familie. Lasst uns vom „Ich“ zum „Du“ übergehen. Und bitte: betet jeden Tag gemeinsam ein wenig, und bittet Gott um das Geschenk des Friedens. Lasst uns alle – Eltern, Kinder, Kirche, Zivilgesellschaft – die Verpflichtung eingehen, die Familie zu unterstützen, zu verteidigen und zu bewahren!

Möge die Jungfrau Maria, die Braut Josefs und Mutter Jesu, unsere Familien beschützen.

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