Auf die im Abendmahlsaal versammelten Apostel, wie wir der Apostelgeschichte nach hl. Lukas entnehmen können, sandte Jesus Christus den Heiligen Geist.
Damit beginnt eine neue Etappe – die Zeit der Kirche. Durch die Gabe des Himmels verwirklicht sich die frohe Botschaft über die Erlösung in Christus.
Der Heilige Geist, dank seiner Gaben: Weisheit, Verstand, Rat, Mut, Fähigkeiten, Frömmigkeit und Gottesfurcht, befähigt die Gläubigen zum bewussten Dasein in der Welt.
Heute erinnern wir uns an unseren großen JPII., dessen 10. Jahrestag seiner Heiligsprechung und seinen 104. Geburtstag wir gefeiert haben.
Wir wollen seine Person im Kontext des Großen Festes in Erinnerung rufen. Ich muss zugeben, dass ich mich ratlos fühle, welchen Teil seines Lebens und welche seiner Aktivitäten ich wählen soll.
Ich beschloss, mich vom Gotteswort leiten zu lassen und einige Begriffe zu wählen, die gewiss für Johannes Paul II. wichtig waren. Ich denke, dass er ihre Bedeutung noch in Polen, in der polnischen Kirche zu verstehen lernte. Sie prägten sein Pontifikat. Wir sollten über diese Begriffe nachdenken und uns fragen, ob uns Polen unser Christentum zu den gleichen Werten führt, der gleichen Liebe, des gleichen Verständnisses, zu dem, was wichtig ist.
Familie
Evangelisierung
Zeugnis
An Pfingsten wurde im Abendmahlsaal eine Gemeinschaft gebildet, ohne Frage, das war die Geburt der Kirche. Wir erinnern uns auch, dass diese Gemeinschaft sich vor 50 Tagen im Abendmahlsaal versammelt hat, um Pascha zu feiern. Wir müssen sie als eine Familie betrachten. Pascha wurde immer innerhalb der Familie zelebriert. Der Ursprung der Kirche liegt also in der Familie. Die später entstandenen Christen Gemeinschaften versammelten sich in eigenen Wohnstätten.
Die Familie dient der Kirche als Vorbild. Das bedeutet, in der Familie wird die Kirche geboren, weil dort der Glaube gelebt und weitergegeben wird. Die Familie ist der erste Ort, wo der Mensch zu Menschsein reift, er lernt, was bedeutet Mensch zu sein und später lernt er, was bedeutet ein gläubiger Mensch zu sein. Und das alles ist aus der polnischen Erfahrung erwachsen, aus dem, wie wir über die Familie denken und welchen Werten wir folgen. Man kann einiges über uns sagen, aber niemals, dass die Familie in unserer Gesellschaft keinen hohen Stellenwert hätte. Sie hat es, Gott sei Dank.
Seine Lehre über die Familie, über Liebe, auch über die Sexualität des Menschen, all das, was wir Theologie des Körpers nennen, nahm seinen Ursprung in Polen. Er schrieb darüber in seinem Buch „Liebe und Verantwortung“. Das ist das, was er nach Rom mitgenommen hat.
Johannes Paul II. verteidigte die Familie couragiert. Seine Lehre zum Schutz der Familie war entschlossen und voll Leidenschaft. In dem „Brief an die Familien“ schrieb er mit klarer Überzeugung: „In der Familie spielt sich die Geschichte des Menschen ab, die Geschichte der Erlösung der Menschheit“. In seiner immer aktuellen apostolischen Unterweisung Familiaris consortio erklärte er: „In dem gegenwärtigen historischen Moment, wo die Familie seitens vieler Mächte attackiert wird, die sie zu zerstören oder zumindest zu deformieren beabsichtigen, ist sich die Kirche bewusst, dass das Wohl der Gesellschaft, auch das eigene Wohl, mit dem Wohl der Familie zusammenhängt, sie fühlt ihre Mission intensiver und verbindlicher, allen den Gottesplan die Ehe und Familie betreffend zu vermitteln“ (FC 3).
Ich denke, Johannes Paul II. spürte im Herzen einen großen Schmerz als bekannt wurde, dass das Europäische Parlament sich nicht über die Definition der Familie einigen kann. Diese Tatsache war ernst zu nehmen und deutete auf die Desorientierung des europäischen Gewissens hin. Vermutlich wegen dieser beunruhigenden Realität, wie ein Wettkämpfer, setzte sich der Papst für die Verteidigung der Familie ein. Internationale Familientage, Jubiläum der Familie, unentwegte Aufrufe an die Eheleute und Familien, fruchteten mit standhafter Liebe und zugleich intelligenter Vorgehensweise zwecks Umerziehung der Völker und der Parlamente in Richtung Werte, die eine authentische Zivilisation ausmachen.
Wenn die Familie zugrunde geht, was bleibt von der Gesellschaft übrig? Wenn die Familie verschwindet, welchen Weisungen sollen die Kinder auf ihrem Lebensweg folgen? Das Gefühl der Verlorenheit bei den jungen Menschen ist die Folge des Untergangs der Familie. Wahrscheinlich erst in einigen Jahren, oder Jahrzehnten werden wir die Arbeit, die Johannes Paul II. für die Familie geleistet hat, zu schätzen wissen. Mit der Zeit werden wir die Wahrheit der Erkenntnis Johannes Paul II. besser verstehen können:
„Je mehr die Familie heilig und vereint ist, umso mehr ist die Gesellschaft vereint. Entgegen, der Niedergang der Gesellschaft beginnt mit dem Zerfall der Familie“.
der zweite Begriff in der heutigen Liturgie lautet – Evangelisierung –
An Pfingsten, erfühlt vom Heiligen Geist, gehen die Apostel hinaus, um zu evangelisieren. Der Begriff versetzte unseren Papst immer in Bewegung. Unermüdlich pilgerte er an die äußersten Grenzen der Welt, um das Evangelium zu verkünden.
Er machte deutlich, dass vor allem Europa die neue Evangelisierung benötigt. Europa ist heute der Kontinent, wo man erneut das Kreuz hinstellen muss, als Zeichen der frohen Botschaft, als Zeichen des Evangeliums. In dieser Welt, wo Tausende und Abertausende Kirchen errichtet wurden, wo Gott immer noch gelobt und verehrt wird.
Es gibt christliche Strukturen, christliche Kultur, wohltätiges Engagement in den Gesellschaften. Es gibt eine ganze Menge christlicher Zeichen.
Der Papst sagt: Europa braucht ein neues Kreuz hingestellt. Es ist die Zeit für neue Evangelisierung. Wo hat er es gelernt? Wo hat er das entdeckt? Wo zum ersten Mal erwähnte der Papst die neue Evangelisierung? In Brüssel? – nein, in Berlin? – nein, in Amsterdam? – nein, in Wien? – nein.
In Nowa Huta, in Mogiła, im Jahr 1979. Hier sprach der Papst von der Notwendigkeit ein Kreuz erneut hinzustellen. Er wusste Bescheid, dass im XIII. Jh. die Zisterzienser dieses Kreuz nach Huta gebracht haben und es in Mogiła hingestellt haben. Nach acht Jahrhunderten muss man das Gleiche tun. Man muss das Kreuz erneut hinstellen. Das ist unsere Verantwortung Europa gegenüber. Man kann die Realität beschwören und sagen: christliche Wurzeln, christliche Kultur, es ist aber ohne Bedeutung, ohne das Kreuz und ohne aufs Neue das Evangelium jedem, der auf diesem Kontinent lebt, zu verkünden. Jeder hat das Recht Jesu Christus kennenzulernen sprach Benedikt XVI. und Johannes Paul sagt: beginnt mit Polen. Stellt erneut das Kreuz in Polen auf. Ist das nicht verwunderlich, dass er das in Nowa Huta gesagt hat?
Acht Monate davor ist er zur Konklave nach Rom gereist. Er sprach nicht von einer unbekannten Kirche. Er sprach von der Kirche, die er als Bischof kannte. Er sprach von einer Kirche, die ihre Märtyrer hatte. Er sprach von Kirchenanhängern, den Menschen, die sie in Huta gegründet haben, obwohl dort niemals eine Kirche sein sollte, gegen alle Verbote. Die Menschen bezahlten dafür mit Gefängnis, mit ihrer Gesundheit und ihrem Leben.
Und zu diesen Menschen sagte er: „stellt von Neuem das Kreuz auf“. Es ist die Zeit für neue Evangelisierung gekommen. Da müsste man schon ein Prophet sein, ein Auge eines Propheten haben.
Das Zeugnis
Erlaubt noch einen Begriff des heutigen Evangeliums zu nennen. „Wenn der Paraklet kommt, den ich euch vom Vater schicken werde, der Geist der Wahrheit, der vom Vater stammt, er wird von mir zeugen, aber ihr zeugt ebenfalls, weil ihr seit Anbeginn mit mir seid“.
Papst Franziskus sprach während der Heiligsprechung, dass das Gebet Johannes Paul II. ein Zeugnis war. Zeugnis des Gebets. Manche erinnern sich noch an die letzte Papstwallfahrt und sein einstündiges Gebet in Kalwaria und auf dem Wawel. Er betete in vollkommener Stille. Die TV-Betreiber wussten nicht, was sie tun sollen, denn wie lässt sich die Stille übertragen?
Es gibt noch einen weiteren Aspekt eines Zeugnisses – eine heroische Arbeit. Ich möchte die Erinnerungen eines der Kommissionsmitglieder erwähnen, die die Unterlagen für die Seligsprechung zusammentrugen.
In dem Seligsprechung Prozess musste seine ganze Korrespondenz eingesehen werden. Schwer zu glauben, aber Karol Wojtyła, hat als Krakauer Bischof mit fünf Tausend Personen korrespondiert.
Laut Zählung waren es im Durchschnitt 7 Briefe täglich. Er handhabte es folgendermaßen, egal wo er sich aufhielt, machte er den nächsten Brief auf, las ihn durch und auf dem Couvert schrieb er die Antwort. Anschließend wurde seine Antwort im Sekretariat abgeschrieben. Alle Briefumschläge mit seiner handschriftlich geschriebenen Antwort wurden aufbewahrt. Sieben Briefe täglich. War er für eine Woche verreist, warteten weitere fünfzig auf seine Antwort. Das zeugt von Respekt anderen Menschen gegenüber.
Unter den fünf Tausend Adressaten sind die unterschiedlichsten Menschen vertreten. Menschen, die inzwischen als Heilige anerkannt wurden, Menschen die Päpste, Könige und Präsidenten wurden, bis zu den einfachsten Menschen. Zum Beispiel schrieb er an eine Frau und informierte sie, dass er ihr Geld für Kohle schickt. An einen anderen schreibt er, er hätte sich eingesetzt, dass sein Kind im Kindergarten aufgenommen wird.
Es gab keinen Brief, den er nicht beantwortet hätte.
Ich weiß nicht, wie das mit euch ist, ich wäre zu solchem Heroismus nicht fähig.
Wir korrespondieren heute miteinander per WhatsApp. Das geht eigentlich automatisch, einmal drücken und die Antwort erscheint.
Beantwortet ihr alle E-Mails?
Heute ist es tausendmal einfacher, heute passiert das fast automatisch, er schrieb aber alles mit einem Füller auf den Umschlägen, und das als Bischof, Kardinal, eigentlich der wichtigste Mensch der polnischen Kirche, wenn es um die Vertretung in der Weltkirche geht. Er war bei allen Sitzungen der Bischofskonferenzen anwesend, er war Vater des Konzils.
Schwestern und Brüder, am heutigen Pfingstfest rufen wir uns ins Bewusstsein, dass der Heilige Geist allwesend ist. Einigen von uns ist gegeben vom Heiligen Geist geleitet zu sein und durch uns geschehen große Wunder der Liebe Gottes.
Johannes Paul II. war so ein Mensch, der sich durch Fürsprache Marias Totus Tuus, restlos der Führung des Heiligen Geistes unterworfen hat. Seine Einstellung inspiriert auch uns, sich für den Heiligen Geist zu öffnen.
Amen