Die Kirche in Polen: Bilanz der Hilfe für die Ukraine ein Jahr nach der russischen Invasion

126 Mio. Euro Hilfe für die Ukraine, Sachspenden im Wert von 53 Mio. Euro, 74 Mio. Euro für die Unterstützung der Ukrainer*innen, Aufnahme von Flüchtlingen, oft in Familien, Ordens- und Gemeindehäusern, Verteilung der Hilfsmaßnahmen aus anderen Ländern – das sind Ergebnisse von Geld- und Sachspendensammlungen in Rekordhöhen sowie des ganzjährigen Engagements der Kirche in Polen für die Opfer der russischen Invasion in der Ukraine.

In die Hilfsaktivitäten der Kirche in Polen engagiert sich im Auftrag der Bischofskonferenz die Caritas Polen, aber auch Diözesen, Orden, Pfarreien, Gemeinden, katholische Bewegungen, Freiwillige, Familien und normale Bürger und Bürgerinnen. „Dieses Jahr hat die außergewöhnliche Entschlossenheit der Polen gezeigt, den Opfern dieses Krieges jede erdenkliche Hilfe zu leisten“ – sagte Pfarrer Leszek Gęsiak SJ, Sprecher der Polnischen Bischofskonferenz.

Das Ausmaß der wirklichen Hilfe für die Ukraine ist schwer abzuschätzen und übersteigt in der Praxis bei weitem die als offiziell betrachteten Beträge.

Hilfe für Flüchtlinge

Seit dem 24. Februar 2022 haben mehr als 8,5 Mio. Flüchtlinge aus der Ukraine die polnische Grenze passiert. Sie wurden an den unterschiedlichsten Orten aufgenommen – in Hotels, Gästezimmern, Ordens- und Gemeindehäusern und oft auch privat in Familien. Die Caritas Polen hat rund 2 Mio. Flüchtlingen aus der Ukraine Hilfe geleistet. In Polen gibt es 32 feste Hilfezentren für Migranten und Flüchtlinge, die im Jahr 2022 Zehntausende von Menschen aus der Ukraine unterstützt haben. Bis heute haben die Kolumbusritter acht Zentren der Barmherzigkeit in polnischen Pfarreien eingerichtet. Ihren Schätzungen nach haben rund 300.000 Menschen ihr Angebot in Anspruch genommen. Die gesamte Hilfe ist schwer zu schätzen, da in den Monaten des größten Zustroms ukrainischer Flüchtlinge viele Häuser und Einrichtungen die aufgenommenen Personen nicht aufgezeichnet haben und oft alle Möglichkeiten nutzten, Bedürftige unterzubringen.

Spendentransporte in die Ukraine

Organisationen, Privatpersonen, Firmen, Kirchengemeinden und Ordensgemeinschaften haben seit Beginn des Konflikts Hunderttausende von Hilfspaketen geschickt. Gaben, die in Schulen, Klöstern, Geschäften und Kirchen gesammelt wurden, wurden in Paketen stets mit allen möglichen Transportmitteln verschickt – sowohl mit organisierten Transporten als auch über engagierte Freiwillige, die die Hilfsgüter mit ihren Privatwagen in die Ukraine brachten.

Die Caritas Polen hat bis Ende 2022 rund 1.000 Lastwagen mit Sachspenden in die Ukraine geschickt. Im Rahmen der Kampagne „Paket für die Ukraine“ verschickte die Caritas über 83.000 Pakete mit humanitären Hilfsgütern im Wert von über 6 Mio. Euro, und die Kolumbusritter überreichten 150.000 Lebensmittelpakete im Wert von fast 3 Mio. Euro. An den Hilfsaktionen beteiligte sich auch der Verband der Polnischen Malteserritter mit Hilfsmaßnahmen im Wert von über 21 Mio. Euro.

Finanzielle Hilfe

Am Tag des Kriegsausbruchs richtete der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanisław Gądecki, einen Appell an die Öffentlichkeit, in dem er die Solidarität mit dem ukrainischen Volk ausdrückte sowie Gebet und Bereitschaft zur Hilfe für die Ukrainer*innen zusicherte. Am 27. Februar und am 2. März fanden Spendensammlungen für die Ukraine statt. Bislang wurden aus den Mitteln des Team für die Hilfe für die Kirche im Osten von der Polnischen Bischofskonferenz über 360.000 Euro für die Ukraine-Hilfe ausgegeben.

Kurz nach dem Kriegsausbruch leistete die Päpstliche Stiftung „Aid to the Church in Need” humanitäre Hilfe für die Ukraine im Wert von 1 Mio. Euro, gefolgt von weiteren 300.000 Euro. Die Caritas Polen hat einen Appell an Caritas Internationalis gerichtet, die 160 nationale Caritasverbände in der ganzen Welt umfasst. Mehr als 2 Mio. Euro wurden nach diesem Aufruf gesammelt, und die Hilfe kommt stets weiter. Innerhalb von 36 Stunden nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 stellte der Oberste Rat der Kolumbusritter 1,5 Mio. US-Dollar für die humanitäre Hilfe bereit und gründete den Ukraine-Solidaritätsfonds. Insgesamt haben die Kolumbusritter rund 20 Mio. US-Dollar für humanitäre Hilfe gesammelt.

Polnische Geistliche in der Ukraine

In der Ukraine sind mehr als 250 polnische Geistliche (darunter vier Bischöfe) sowie mehr als 150 Ordensschwestern tätig. Bisher haben sie Seniorenheime, Mutter-Kind-Heime, Notunterkünfte für Obdachlose, Kinderheime u.ä. betrieben. Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine haben sie ihren Einsatz erheblich erweitert. Sie engagieren sich in jegliche Hilfsmaßnahmen für die Kriegsopfer – sie helfen Binnenflüchtlingen, nehmen Personen auf, deren Häuser zerstört wurden, betreiben Verteilungsstellen für Hilfsgüter und fahren mit Spenden zu alten und einsamen Menschen.

Polnische Ordensschwestern machen in der Ukraine 40% aller dort tätigen Nonnen aus. Sie dienen alltäglich an mehr als 150 Orten. In mehr als 1.000 Häusern verschiedener Konvente in Polen und in der Ukraine leisteten die Ordensschwestern den Kriegsopfern Hilfe. Allein im ersten Monat haben fast 150 Frauenorden beinahe 18.000 Menschen geholfen.

Appelle und Gebet

Die Kirche in Polen hat sich seit dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine in die materielle und spirituelle Hilfe für die Betroffenen engagiert. Am 24. Februar 2022 richtete der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanisław Gądecki, den ersten Appell an die Gläubigen und sicherte den Ukrainer*innen Gebet und Hilfsbereitschaft zu. Landesweit wurden in Pfarreien zwei Kollekten organisiert, und über Caritas Polen, Caritas aller polnischen Diözesen, Ordensgemeinschaften und Gemeinden werden stets Hilfsgüter gesammelt und in die Ukraine geschickt.

Am 3. März 2022 schrieb Erzbischof Gądecki einen Brief an Kyrill, den Patriarchen von Moskau und der ganzen Rus, und bat ihn, bei Wladimir Putin für eine Beendigung der Kriegshandlungen zu intervenieren. Ende März 2022 kam Bartholomäus I., Ökumenischer Patriarch von Konstantinopel, nach Polen, besuchte die hierhergekommenen Flüchtlinge und bedankte sich für die Hilfe, die sie erhalten haben. Mitte Mai reisten Erzbischof Stanisław Gądecki sowie der Primas von Polen Erzbischof Wojciech Polak und der Metropolit von Lublin Erzbischof Stanisław Budzik in die Ukraine.

Für die Hilfe an Ukraine dankte den Polen auch Papst Franziskus. „Ich möchte auch den Polen für all die Hilfe danken, die sie dem ukrainischen Volk zukommen lassen“, sagte der Heilige Vater.

Der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz erklärte den ersten Jahrestag des Krieges, den 24. Februar 2023, zum Tag der Solidarität und des Gebets für die Ukraine. Für Sonntag, den 26. Februar, wurde in allen Kirchengemeinden in Polen eine weitere landesweite Kollekte für die Ukraine angesagt.